So, jetzt mal Tacheles, warum ging es hier auf dem Blog nicht voran. Auch eins dieser überambitionierten Projekte, die irgendwann im world wide ether versinken. Einfach ausgeklungen. Nein! Sicher nicht. Es gab einfach besseres zu tun. Uns beiden bringt die Reise Eindrücke, Erfahrungen, klar; Bilder von – bisher- europäischen Ländern. Doch sie bringt noch mehr. Zeit, für sich selbst. Wie viele Stunden sitzt man in der Karre und hat dann auch mal sich gesagt, wie schön es hier aussieht, was für ein tolles Land, ob man bald tanken muss oder sich dies oder jenes Geräusch am Auto komisch anhört. Dann ist Zeit, über sich nachzudenken. Das passiert, wie schon im vorherigen Beitrag erwähnt, einfach so, wenn es die Möglichkeit dazu gibt. Im Alltag merke ich, wie gut es klappt, sich einfach der Möglichkeit zu berauben, darüber nachzudenken, wirklich nachzudenken, was einen beschäftigt. Da gibt es die Arbeit, die Hobbys, die Freunde, das Geschafftsein von alldem. Es staut sich auf. So mein Eindruck. Es wächst damit auch eine Angst, oder sagen wir, eine Befürchtung, sich irgendwann mal mit dem Ganzen beschäftigen zu müssen, was man, mehr oder weniger aktiv, so aus dem Nachdenken verdrängt. Ich möchte an der Stelle sagen, dass es sicher nicht verallgemeinerungsfähig ist, mir gehts so. Kommen die Möglichkeit, die Zeit und der Wille – ich nenn’ es lieber Bereitschaft – nachzudenken zusammen, kommen die Gedanken ins Rollen. Genau so geht es uns. Wir reisen durch Europa, aber auch zu uns selbst. Hoffen wir. Die Fragen sind mannigfaltig und die Antworten ganz individuell gewichtig, für den einen gibts sofort eine Antwort, für den anderen ist allein die Frage verletzend genug.
Ich merke, wie wichtig es ist, sich im normalen Alltag die Chance einzuräumen, einzukehren. Kann aussehen wie man möchte. Für mich ist es das Radfahren, Holzmachen, Wandern, viele sieht man Angeln (Kroaten, Albaner, Griechen), andere meditieren, machen Yoga, Qi Gong.
Es sind die großen Fragen, die ganz individuell und klein beantwortet sein könnten. Wovon träume ich? Habe ich Visionen? Was ist mein Ziel oder Zweck im Leben? Was macht mich glücklich, was traurig? Habe ich Quellen, aus denen ich immer wieder Kraft schöpfen kann, wie eine Tankstelle den leeren Tank des Wagens füllt, gerade dann, wenn es nötig wird? Habe ich Grenzen, wo liegen sie, sind sie nötig, warum sind sie da – und nicht woanders? Was macht mich aus? Kann ich mich so annehmen, wie ich bin? Wie bin ich denn eigentlich?
Ich sag mal so, macht jetzt nicht mega Spaß über solche Dinge nachzudenken, aber es ordnet, ich habe das Gefühl, weiterzukommen. Es kostet Kraft, Überwindung, es gibt Ratlosigkeit und Verzweiflung, aber es spendet dann doch wieder Kraft. Losmachen heißt für mich neuerdings auch anzuhalten, innezuhalten, Raum zu geben.

Man -vielleicht du, der du es liest- kann sich vorstellen, dass diese Fragen eine Reise für jeden Einzelnen bedeuten. Für uns heißt das auch eine Reise zu zweit. Ich würde gern aufräumen mit diesem Traum des allglücklichen Roadtrips. Mit diesem, wofür man beneidet wird: Ach, hast du es gut, jetzt so lange frei, da bist du sicher glücklich. Ja, bin ich, aber eben nicht nur.
Ich möchte aber genauso nicht, etwas für jemanden zerstören, der jetzt sich genau an der Stelle befindet, losmachen zu können, voller Entdeckergeist und und und. Ich möchte mitteilen, was mir dazu durch den Kopf geht.
So zu reisen heißt, es wird krachen, es wird dich umhauen, auch verändern. Es kann trotzdem rosa-rot sein, doch bleibt bei mir das schale Gefühl, dass beim sehr schönen und auch Anstoß zu dieser Reise gebenden Film WEIT, nicht alles erzählt wird. Ist ja auch nicht zwangsläufig dessen Aufgabe. Nur merke ich, wird es denn ein realistisches Bild davon geben, was es für dich bedeuten kann, wenn oft der Fokus NUR auf den Stationen, den Begegnungen mit anderen Kulturen und herrlichen Spots liegt? Es kommt mir vor, wie bei der Ehe.
Welchen Haken schlägt er denn jetzt? Ja, bei der Ehe und Beziehungen.
Wer berichtet denn authentisch und auch realistisch, wie existenziell Streitigkeiten, Verletzungen, Wünsche … sein können. „Klar, es kracht auch bei uns.“, wird gesagt und als wäre damit alles gesagt, um mit einem nicht-realistischen Bild, was vielleicht überromantisiert ist, aufzuräumen. Aber was es bedeutet, sich mit sich und dem anderen auseinanderzusetzen, führt zu tief, um es anderen zu schildern. Es gibt Menschen, die mit mir da ehrlich ins Gespräch kommen, aber viele sind es nicht. Es kann doch nicht sein, dass die gute Seite so oft im Vordergrund steht und auf Nachfrage, unter dem Ladentisch, noch die entsprechend andere Seite hinzugefügt wird. So bleibt es halt bei „Klar, kracht es bei uns“ und jeder wird sich selbst im eigenen Lebensweg eine Meinung bilden müssen. So empfinde ich es auch mit der Reise. Freizuhaben, loszumachen ist herrlich. Wer sich auf die Reise zu sich begibt, stößt an die Grenzen und das tut weh. Da ist nichts mehr mit Roadtrip, da musst du Klarheit gewinnen, Ruhe finden, dich ordnen, dass du die Richtung wieder ahnst, in der es weitergehen kann. Ich empfinde es als nötig, das mal als Anstoß zu schreiben. Lieber würde ich persönlich mit dir reden, aber die Gefahr, dass dieser Blog ein weiterer ist, der Reiselust schürt ohne auch mal auf die persönliche Reise zu verweisen – auch wieder nur auf Nachfrage die entsprechende Seite der Reise hinzuzufügen-, sondern lediglich die Happy-Vibes unterstreicht, möchte ich nicht eingehen.
Nehmt es frei nach: Das sind meine Gedanken, es soll sich keiner zu nahe getreten fühlen und wer es nicht lesen mag, macht es wie bei Löwenzahn. Abschalten. Weiterblättern.
Das ist der Grund, warum hier lange nichts Neues dazukam. Schlichtweg besseres zu tun.

Los, eingestiegen, abgefahren. aber HALT. Teil es bitte noch

5 thoughts to “Nachdenken

  • Reini

    Es kommt ja gar kein Signal mehr aus dem Äther😢.Geht's euch noch gut ? Wartet ihr auch auf den Frühling ' die Bienen summen schon hin und wieder bei 15¤C. Nun lässt man wieder was hören !
    Machen und langsam Sorgen
    LG Matzi und Reini

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  • Reini

    Liebe Lotte, lieber Meint,
    ihr macht das phantastisch – find ich – natürlich lernt man sich erst mal richtig kennen – mit seinen Stärken und Schwächen. mit auseinandergehen und wiederfinden, vergeben, zuhören können etc.
    Manche finden den (richtigen) Weg nie – oder verfehlen ihn. Oder haben Angst davor ihn gemeinsam zu schaffen. Zum Leben und Lieben gehört immer auch Kämpfen !
    Es tut gut, so offene Worte von dir (euch) zu hören. Über "sowas" spricht man ja nicht gern, aber es erleichtert enorm, wenn man es gesprochen hat – Es grüßt euch beide ganz lieb O.Reini

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    • Meint

      Vielen, vielen Dank für deine offenen und warmen Worte. Liebe grüße von uns

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  • Alma

    berührend ehrlich. der hochglanzpolierte Selbstdarstellungskram nervt und verunsichert, auch wenn träumen wichtig ist und eine rosarote Glücksblase Spass macht. Ich wünsche euch gemeinsam einen schönen Weg und gutes Bewältigen der äusseren und inneren Aufgaben und Hürden.

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    • Meint

      Vielen lieben Dank, Alma. Ich freue mich, dass auch solche Texte gelesen werden und bin froh, von dir solche Rückmeldung zu bekommen, da es schon sehr persönlich ist. Liebe Grüße Meint

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