Transalbania I – Unsere Erlebnisreise in ein tolles Land
Gegensätze gehören zu Albanien
Oh, welch‘ Veränderung. Grenze Montenegro zu Albanien. Alte Karren, Selbstbau Dreiräder, die 80 km/h und mehr fahren und eine Autobahn nach Tirana, wie aus dem Ei gepellt. BAAAM. Ein Ruck, Knall. Wir waren über die Stelle gefahren, wo die Autobahn und eine Brücke diese Lücke, Dehnungsfuge, bildet. Die Fuge war noch da, aber eben auch ein Loch über die Fahrbahnbreite von sicher 10cm Tiefe. Wir mit 80 durch. Das knallt. Dachten schon, es wird sicher einen Platten geben. Ab da musste der Fahrer die Straße förmlich lesen. Dunkle Flecken immer vorsorglich umfahren. Kannst ja nie wissen, ist da frischer Teer drinnen oder gehts ins Erdreich, wo die Sonne nicht mehr hingelangt. Machen wir es mal nicht dramatischer als es war. Wir waren auf der Autobahn und kamen schnell voran.
Verlasse dich nicht auf dein Navigationsgerät – offroad den Bulli kennenlernen
Der Plan: an die Küste zu einem empfohlenen Ort. Also Navi an, irgendwann rechts abgebogen. Ok Baustellenschild, Navi sagt, hier geht die Route entlang. Nach den letzten Häusern befinden wir uns auf einem Damm zwischen Feldern, der Weg ist gepflastert. Er ist stark eingefahren, dass wir Angst haben, falls wir mittig fahren, mit dem Unterboden (vor allem an der Vorderachse) aufzusitzen. Also immer versetzt fahren, entweder links oder rechts der Täler. Mittlerweile nur noch 2. Gang. Es wird schlimmer, zu den Tälern kommen tiefe Pfützen, naja, Senken. Links gehts erst mal in den Matsch, dann Kanal, rechts die Böschung runter 2m ins Feld. Zwei nicht akzeptable Wege. Ist klar. Also schlänge-läng über die Spurrillen, durch die Senken. Nur noch erster Gang. Für 500m brauchten wir vielleicht eine halbe Stunde. Wir schwitzen, haben Angst. Wir sind im albanischen Outback, auch wenn es noch einen Weg gibt.
Ausweglos offroad unterwegs
Was, wenn der Weg schlechter wird. Wenden können wir nicht, zu schmal, rückwärts zurück, unvorstellbar, müsste gehen, man kam ja vorwärts auch durch. Aber C’mon, das will keiner. Wir denken immer mehr uns in die Scheiße zu reiten. An einer Brücke über den Kanal will das Navi gerade weiter, die Straße sieht so schlimm aus, dass wir uns das nicht trauen. Davor wartet noch eine so tiefe Senke, dass wir diese auf der Kanalseite umfahren müssen, der Bus neigt sich unangenehm Richtung Wasser, da wir mit den rechten Rädern nun auf dem Buckel in der Mitte der Fahrbahn fahren und links im Ungepflasterten. Adrenalin. Wir schaffen es. Der Bus schafft es. Auf die Brücke im rechten Winkel zu kommen (zwei Betonplatten) ist nur mit rangieren möglich, hinten gehts ins Feld, neben der Brücke der Kanal, vor den Betonplatten ein Absatz der für Traktorreifen vielleicht bisschen ruckelt, für uns sind die 20, 30 cm wieder atemberaubend. Hinter der Brücke, in 500m, sehen wir Häuser. Wenn wir es doch bis dahin schaffen können, dann wird alles gut. Wir sind der Verzweiflung nahe.
Basis – Meine Offroad Erfahrungen
Meine Offroad Erfahrungen verdanke ich einem Freund aus dem Dorf, mit dem wir als Kinder mit seinem kleinen Suzuki ein paar mal die Wiesen um das Heimatdorf hoch und runter sind und dann noch Matze, der mich mit seinem UAZ schon gelehrt hat, was alles möglich ist mit russischer Technik. Wir haben deutsche, gefühlt zerbrechliche Wohlfühltechnik aus dem Hause VW von 1986 unter dem Hintern. Ich weiß, dass es Leute gibt, die mit diesen Bussen alles erlebt haben. Aber eben oft mit der Allrad-Variante, Ausnahmen bestätigen da die Regel. Wir beispielsweise.
Wir sind mit zwei angetriebenen Rädern nun auf der Brücke und sehen Häuser, aber eben auch erst einmal eine steile Abfahrt von der Brücke und dann immer wieder früherer Pfützen, die heute mit etwas Wasser gefüllt, richtige Krater darstellen. Gepflastert ist noch der mittelste Streifen. Da aber hier die Löcher wohl schon Einheimische nerven, wird rechts und links vorbeigefahren, der Weg ist so doppelt so breit. Entscheidung immer wieder Matsch oder Pflaster? Welche Pfütze ist weniger schlimm. Wo kommen wir durch, wo lieber nicht. Wir sind richtig angespannt.
Aufgabenteilung beim offroad-Fahren
Lotte navigiert, ich fahre. Macht man ja so bei einer Rally. Unsere persönliche Transalbania. Der Auftakt. Wir treffen dahinzuckelnd einen Schäfer, der augenscheinlich nicht versteht, was zur … wir hier mit dem Bus wollen. Freut sich aber. Wir verstehen nichts. Er möchte, dass wir an seiner Herde vorbeifahren, kann ich aber nicht, ich muss manchmal Anlauf nehmen und dann nicht eins seiner Schafe umfahren. Wir sind trotzdem etwas schneller als die Herde und stehen irgendwann mittendrin. Der Schäfer greift ein Lamm an den Hinterbeinen und bringt es so zappelnd an unser Fenster. Er gibt uns zu verstehen, dass dieses Lamm taub geboren wurde und deshalb uns nicht hört. Ist ja gut, wir sind nicht in Eile. Wollen nur unbeschadet weiter und das taube Lamm darf dann wieder auf alle Vier. Am ersten Haus ist Besuch da, parkt über den gesamten Weg. Der Schäfer schreit in den Garten, dass es hier jemand gibt, der durchmachte. Man lässt uns passieren. An der nächsten Kreuzung hören wir auf das Navi, biegen von der Straße in die Siedlung ab, nach rechts. Der Weg ist viel kürzer. Dieses Navi….arrrw. Unsere Unbedarftheit.
Ihr, die ihr das lest, werdet vielleicht gleich sagen, Leute, die Siedlung ist doch ein sicheres Ding. Muss man doch hin.
Es geht noch schlimmer
Tja. Mehr sag ich dazu mal nicht, man trifft eben Entscheidungen und sieht in dem Fall die Konsequenzen ziemlich schnell. Und da gibts es was für uns, das uns leitet: Hoffnung, dass der Weg besser wird. Nach 300m fahren wir um eine Kurve und es bleibt nur noch Gas zu geben. Vor uns liegt ein Matschfeld. Wir schaffen es auf einen trockenen Fleck. Wir sind total fertig. Sah es doch eben noch so aus, als wären wir fast raus aus der Geschichte. Wir sind seit 1,5h in einem Gebiet von maximal 2km Länge. Ich muss aussteigen, erkunden gehen, bevor wir hier dummes Zeug machen. Links geht es matschig einen Berg hoch, dahinter der Weg wirklich gut. Traktorspuren zeigen, es geht. Aber eben für Traktoren. Ich glaube nicht, dass wir es schaffen. Wenden? Das würde bedeuten, zu riskieren quer auf dem Weg ohne Chance auf Schwung stecken zu bleiben. Besser als am Berg. In Autorichtung wird der Weg matschiger. Ich laufe 100m, Pfützen, Wiese, Matsch. Eine kleine Weggabelung. Wenn wir bis hierher kommen, mit Schwung in den Weg geradeaus fahren und dann zügig rückwärts in den zweiten (Y-Kreuzung) fahren, dann gleich Vorwärts und mit Schwung alles zurück. Könnten wir schaffen. Könnten. Auf dem Rückweg noch mal alles genau Anschauen, besonders den Wendeplatz. Wieder am Auto erläuter ich Lotte das gesehene und meine Einschätzung. Wie soll man wissen, was jetzt das Beste ist. Wir überlegen kurz, hier zu bleiben, neuer Tag, neue Kraft. Aber nein, raus aus dem Schlam(m)assel. Letzte Version der Wegeplanung gehen wir an. Die Räder drehen, das Auto rutscht vorn und hinten. Wäre es nicht im unbekannten Albanien, eigentlich ganz lustig. Eben Offroad.
„Fluchtrichtung aus dem Matsch“
An der Wendestelle Aktion „Fluchtrichtung einschlagen“. Rückwärtsgang kracht, da ich mit Schwung zurück muss und den hektisch reinknalle. Sorry dafür. Dann wieder vorwärts. Der erste Gang bringt in solchen Situationen selten was, also kurz erster, dann gleich zweiter. Wir schlingern zurück und schaffen es zur Siedlung. Wir sind so glücklich, unendlich froh, nicht steckengeblieben zu sein. Einem Albaner mit Händen und Füßen erklären zu müssen, dass wir auf die Teerstraße wollten und unser Navi…peinlich. In der Siedlung treffen wir den Schäfer, mittlerweile ohne Schafe. Verstehen ihn immer noch nicht, meinen aber zu ahnen, dass er sich aufregt, dass wir nicht den beschriebenen Weg genommen haben. Er deutet in eine Richtung, ich danke mit Handschlag und wir fahren dort hin. Er ist noch etwas aufgebracht. Nun gehts durch eine richtig dreckige Siedlung, Slum, kleine Hütten, arme Verhältnisse, Nässe, sicher bald Kälte gehören hier zum Wohnen. Schlimm. Wir müssen den Weg im Auge behalten. Vor uns ein schwerer Geländewagen (Range Rover).
Der Offroad-Entgegner
Wir erblicken, was uns gleich schwant. Eine Hängebrücke. Der Endgegner. Wir sind ratlos. Zurück geht doch wirklich nicht, aber da drüber. Ungern. Richtig ungern. Wie schwer sind wir eigentlich? Wissen wir nicht. Ich klammere mich an den Range Rover, wenn der das schafft, die schwere englische Karre, dann wir doch auch. Oder… Lotte macht ein Foto und filmt. Wir wollen wenigstens das festhalten. Ich frag zwei Männer mit Moped „ok?“ (Zeige auf Brücke und unser Auto). Die gucken sich an, ok ok, sagen sie. Was haben die jetzt verstanden… Ich frage nicht noch mal, Lotte auch nicht, wir fahren drauf. Es ist so schmal, dass es den Spiegel am Drahtseil einklappt. Wir hatten Angst, reinzufallen. Unterhalten uns kurz, lieber angeschnallt oder abgeschnallt im Wasser landen? Wir besprechen, dass es wohl gut sei abgeschnallt unten anzukommen und dass man auf keinen Fall versuchen muss, die Tür aufzubekommen. Gleich das Fenster herunterkurbeln. Wahnsinn. Das haben wir besprochen. Wird’s mir ja jetzt noch mal beim Aufschreiben kribbelig. Die Brücke knarzt, die Holzbohlen halten, alles biegt sich durch. Ganz langsam fahren wir rüber. Drüben wartet ein ordentlicher Absatz von der Brücke auf den festen Boden. Aber den schaffen wir auch noch. Was, wenn es hier nicht rausgeht, wir zurück müssen. An der nächsten Kreuzung: Teer.
Geschafft, welch‘ Weg, er soll uns eine Lehre sein
Es ist zum Heulen schön, eine Teerstraße zu sehen. Irgendwo wird sie hinführen, wo mehrere davon sind. Mit der Brückenüberfahrt ist es dunkel geworden. Wir sammeln uns glücklich, das gemeistert zu haben. Unser erster Tag in Albanien. Nimm niemals den kürzesten Weg, nicht das Navi fragen, einfach auf die Straße schauen. War uns jetzt klar. Im späteren Verlauf werden wir diese Gesetze noch mal kräftig aushebeln.
Wir haben jetzt so lange gebraucht und vor uns liegen immer noch 2h Fahrt. Wir fahren bergig hoch und runter, wo ist denn dieses verflixte Meer. Lotte navigiert und bestätigt immer wieder, noch eine halbe Stunde, noch 25 Minuten (Wir fuhren für die 5 Minuten sicher nicht 5). Der Weg zieht sich. Wir erreichen eine Schranke, ein leeres Geisterauto völlig kaputt am Straßenrand und ein Wärterhäuschen. Irgendwas steht an einem riesigen Schild. Wir müssen da jetzt einfach rein. Keine Alternativen. Es geht noch runter und dann über Erde und Sand auf eine riesige Lichtung. Wir finden einen schönen Platz, schauen uns um. Keiner da, Schilder sagen, 1€ pro Nacht Camping. Keine Ahnung, wo man das im Dezember entrichten soll. Da müssen sie eben zu uns kommen. Wir sind glücklich, was haben wir denn da eben erlebt?! Wahnsinn.
Kapelle aus dem 12. Jahrhundert
Wir bleiben hier 2 Nächte. Eine uralte Kapelle, Bunkeranlagen und ein weiter Blick über das Meer mit verschneiten Gipfeln am Horizont umgeben uns. Es wird regnerisch und stürmisch, besonders in der Nacht. Das Wasser kommt horizontal. Abwaschen ist nur im Windschatten des Autos möglich, Pinkeln gehen eine Gefahr für sich.