Jobsuche auf Reise

Wenn es ums WorkandTravel und Vanlife geht, kommen schnell Schlagworte, wie Digitale Nomaden, Webdesigner, Influenzier, Youtuber, Workaway, WOOFing. Eins davon habt ihr sicher schon gehört. Doch bevor es darum geht, muss man sich die Frage stellen, wofür soll der Job dienen. Simpel Geld verdienen, den eigenen Horizont erweitern, Neues kennenlernen?

Für uns ist es die beste Möglichkeit, mit Locals in Kontakt zu kommen. Denn, so schön das Vanlife ist, man fährt oft von Ort zu Ort, nirgends ist man lang, abends steht man abseits, vielleicht im Grünen, möglichst einsam…da kommt nicht viel Kontakt zu den Einheimischen zustande. Zumindest wesentlich weniger, als wir es uns gewünscht haben. Immer wieder hat man mal ein kurzes Gespräch, was wir machen und dann redet man eben ein paar Minuten. Nur, so richtig in Kontakt kommen ist das eben nicht. 

Ausblick auf die Obstplantagen
Obstplantagen im Licht

Die eine Frage, die wir immer wieder gestellt bekommen, ist, wie macht ihr das denn mit dem Geld? Arbeitet ihr auf Reise, habt ihr vorher im Lotto gewonnen oder geerbt? Diese ganzen Fragen haben wir ja schon im Podcast erläutert und auch, wie viel wir wirklich im Monat verbrauchen.

Also muss für uns etwas her, damit wir die Menschen vor Ort kennenlernen und das geht eigentlich nur so richtig, wenn man Zeit im täglichen Leben verbringt. Da außer uns fast alle arbeiten, liegt es auf der Hand, dass wir uns nach Arbeitsstellen umschauen. Damit kommen wir zu WorkandTravel und Vanlife. Wie geht das? 

Vanlife Jobsuche: Welche Möglichkeiten haben wir?

WWOOFing und Vanlife

World-Wide Opportunities on Organic Farms ist ein Netzwerk, in dem wir uns für Kost und Logis bei (meist) Bauernhöfen, Selbstversorgern oder Einrichtungen mit biologischem Anbau einbringen können. WOOF hat sich zur Aufgabe gemacht, Leute zu connecten und es geht um den gegenseitigen Lerneffekt und damit auch etwas darum, den eigenen Horizont zu weiten. Auf der Suche nach einem Host, stößt man darauf, dass manche Länder in der Liste von FOWO eingetragen sind und andere aber bei WOOF Independents. Gegen einen Jahresbeitrag erhält man die Kontaktdaten und etwas mehr Einblick in die Host Profile. Für uns ist es etwas nervig, bei mehreren WOOF-Plattformen ein Konto zu erstellen und ja, es kostet eben auch jedes mal einen Jahresbeitrag.

Workaway und Vanlife

Dieses Netzwerk konzentriert sich auf nachhaltiges Leben und bringt Leute zusammen, wodurch sich ein Kulturaustausch einstellt. Die möglichen Aufgaben hängen natürlich vom Host ab, die Möglichkeiten aber reichen von Helfen auf dem Bauernhof, über gemeinsames Sprachenlernen bis zum Kennenlernen von Travelbuddies. Für uns ist das Netzwerk total hilfreich, da man mit einem Jahresbeitrag Zugang zu Hosts in vielen hundert Ländern erhält. Hier ist gibts manchmal auch Angebote mit Bezahlung.

HelpX und Vanlife

Für Kost und Logis hat man in diesem Netzwerk auch vielfältige Möglichkeiten zu helfen und findet manchmal sogar bezahlte Angebote. Von uns bisher allerdings nicht genutzt. Wenn du Erfahrungen hast, schreibs in die Kommentare.

Arbeiten und Vanlife – Wie wir es gemacht haben

Unsere Versuche, einen Job auf WOOF und Workaway zu bekommen, scheitern und das ist im Nachhinein betrachtet auch super. Denn Lotte fragt einfach in einer Tourist Info in Bergen, ob für die kommende Erntesaison noch Helfer gebraucht werden. So kommt es, dass wir Norwegen von einer ganz anderen Seite kennenlernen: Die Region um den Hardangerfjord ist klimatisch günstig für den Obstanbau. Das merkt man schon beim Hindurchfahren: Überall Plantagen und kleine Straßenstände mit Früchten. Über Lottes Anfragen bekommen wir Kontakt zu Bauern und einer schreibt sofort zurück, dass er uns gut gebrauchen kann. Unsere Lösung für WorkandTravel und Vanlife!

So fahren wir nach Ulvik und lernen dort den Obstanbau in Norwegen kennen.


Ungefähr 3000 Apfelbäume warten ab den letzten Augustwochen bis ca. Ende September auf die Ernte. Da gibt es für uns einiges zu tun.

WorkandTravel und Vanlife: Farmarbeit
Unser Arbeitsalltag

Arbeiten auf einer norwegischen Apfelfarm

Unser Arbeitsalltag

Um 8 Uhr geht es mit dem Bauern gemeinsam los. Er erklärt uns zuerst einmal, welche Sorten mit welchen Eigenheiten er anbaut und wie man sie erkennt. Zweiter Schritt, wie dürfen die Äpfel gepflückt werden. Klar ist: Einzeln abpflücken, dabei keine anderen Äpfel zu Fall bringen, in den Sammelbeutel (wie ein Bauchladen vor dem Bauch getragen) legen und wenn dieser voll ist, ihn vorsichtig in große Kisten leeren. 

Aber welche Äpfel sind ok? 

Da ist einerseits auf eine Mindestgröße zu achten, andererseits sind es Fehler/ Merkmale, die beurteilt werden müssen. Erst dadurch entscheidet man, ob der Apfel „gut“, also in den Supermarkt gelangt oder „nicht ausreichend“ ist und sie für Saft und Ciderherstellung genutzt werden. 

Ihr könnt euch vorstellen, dass für uns das erst einmal eine Herausforderung ist. Die Sorte zu erkennen, ist gar nicht so ein Problem, aber dann Größe, Merkmale… Das heißt, am Anfang müssen wir jeden Apfel nachmessen (Schablone) und uns manchmal auch austauschen, ob der Apfel noch ok oder nicht ok ist. 

Von Tag zu Tag werden wir aber schneller und irgendwann merken die Hände gleich, ob der Apfel 55 mm oder 60 mm Durchmesser hat. 

Bis 12 Uhr wird gepflückt, dann gibt es eine Brotzeit. Anschließend geht es noch einmal bis 16:30 / 17 oder länger.

Unsere Kondition aus den vergangenen Monaten Busleben lässt für diese Arbeit ganz schön zu wünschen übrig und wir keuchen anfangs ziemlich die Berge hoch und runter. Das gibt sich aber echt schnell und wir werden immer fitter. 

Almabtrieb

Wie auch in den Alpen oder anderen Bergregionen, müssen die Tiere, die über den Sommer dort leben, vor dem Winter ins Tal gebracht werden. Aus der Schweiz oder Österreich kennt man das als traditionsreichen und festlichen Tag. Genau diesen dürfen wir miterleben.

Am Morgen geht es in die Berge, drei Gruppen, die sich über Funk verständigen. Wir dürfen einfach mitlaufen und genießen den Anblick der Berge und der Natur tausend Meter über dem Fjord. Es gilt 90 Schafe zu finden und taktisch klug Richtung des Pfades zum Fjord zu treiben. Lange Zeit passiert gar nichts, wir suchen einfach die Schafe, dann aber finden wir vereinzelt welche und bringen so schon einmal knapp zwanzig ein Stück weiter hinunter. Ein andere Gruppe bringt weitere und am Ende sind es circa 50 Schafe, die in zwei Gruppen nun den langen und mühsamen Abstieg von 1000Hm antreten. Dabei geht es den Schafen wie uns, es zehrt an den Kräften. Allerdings entlohnt der Ausblick immer wieder die Anstrengungen und lässt auch die seit dem Mittag nassen Füße vergessen.

Ein kleines Highlight kommt noch: Wir müssen einer Schafgruppe den Weg abschneiden und sie zum Umkehren bringen. Kurzer Hand rudern wir zu zweit über einen klaren Bergsee in einem uralten und etwas undichten Holzboot, mein Kompagnon kümmert sich um die Schafe, ich ruder zurück zu Lotte, die auf die restlichen Schafe aufpasst.

Gegen späten Nachmittag kommen wir am Fjord an und können nochmals Sonne tanken und uns ausruhen, da wir auf die zweite Gruppe warten.

Nun geht es daran, die Schafe über den Fjord zu bringen. Im Boot. Was für uns ziemlich riskant klingt, erweist sich als eingespielte Aufgabe und so setzt uns der Bauer in insgesamt vier Fahrten mit allen Schafen über. Ein schöner Augenblick: Wir geschafft, inmitten von Schafen auf einem Boot mitten im Fjord. Glücklich kehren wir zum Bauernhof heim, die Schafe bleiben auf einer Weide und alle Helfer werden im gedeckten Esszimmer verköstigt. Seit diesem Abend waren wir freundlich integriert in die Familie und für uns war es ein Geschenk, dass wir es erleben durften.

Schafschur

Bevor es wieder ans Äpfelpflücken ging, sollten noch die Schafe gewogen und geschoren werden. Allerdings werden nur die geschoren, welche den Winter überleben sollen…der Rest? Wird geschlachtet. 

Unser Bauer hatte da seine eigene Taktik. Dafür brauchte es vier Leute. Ich geleite das Schaf der Wahl aus dem Stall, der Bauer übernimmt, ein Bauchgurt (-träger) wird unter das Schaf geschoben und Lotte muss es mit einer Waage mit Hebel ausheben. Nummer des Schafs und Gewicht notieren, dann ins andere Gatter geleiten. Mutterschafe werden nicht gewogen, nur erfasst. Wir alle schwitzen, Lotte hat mit dem schwersten Jungschaf mit 78kg auch gut zu tun.

Dann werden die Mutterschafe und zukünftigen Mutterschafe getrennt vom Rest im Stall gehalten, diese holt der Schlachter. 

Schafschur
Schafschur

Die Schafschur geht dann wesentlich ruhiger von statten und unsere Aufgabe ist, gute und minderwertige Wolle zu trennen und zu verpacken. Für den Bauern ist das wiederum eine anstrengende Arbeit, da das Schaf auf dem Hintern rücklings an seine Beine gelehnt sitzen muss und meist ruhig hält, aber eben nur meist.

Apfeljob geht weiter 

Weiter geht es mit dem Pflücken der Äpfel.

Vier Wochen machen wir das insgesamt, mittlerweile ist es kein Problem mehr, die Äpfel zu unterscheiden, aber abends fallen wir oft geschafft in unseren Bus. Immer wieder regnet es tagelang und wir sind spätestens zum Mittag einmal komplett nass. Dann hilft nur ein Klamottenwechsel, aufwärmen über Mittag und dann die zweite Garnitur bis zum Feierabend durchweichen lassen. Irgendwann zeichnet sich ein Ende ab und wir sehen langsam, was wir geschafft haben: knapp 3000 Bäume abgeerntet, 12 t Pfückäpfel und weitere Tonnen an Äpfeln für den Saft. 50 Schafe ins Tal gebracht, sie gewogen, sortiert. Waren bei der Schafschur dabei, haben Kartoffeln geerntet und bei allerlei anderen Aufgaben geholfen. Es ist der Wahnsinn.

Für uns eine lehrreiche, anstrengende Zeit, aber genau, wie wir uns es gewünscht haben: Norweger kennenlernen, dadurch, dass man jeden Tag zusammen arbeitet.

WorkandTravel und Vanlife: Rainbow
besonderer Regenbogen


Los, eingestiegen, abgefahren. aber HALT. Teil es bitte noch
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Vanlife: Arbeiten auf Reise - WorkandTravel und Vanlife
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Vanlife: Arbeiten auf Reise - WorkandTravel und Vanlife
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WorkandTravel und Vanlife geht das? Welche Möglichkeiten gibt es Arbeiten & Reisen zu verbinden. WOOF, HelpX, Workaway? Wir haben es ausprobiert. Lies rein.
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